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Aktuelle Informationen für Anleger
Ausgabe vom 5. Juli 2024
Wie steht es um den Aktienmarkt?
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in den ersten drei Handelstagen im August sind die globalen Aktienkurse dramatisch gefallen, teils um mehr als 10 %. Wir nennen dies einen „Flash oder Blitz-Crash“. Vor allem schwache US-Arbeitsmarktdaten schüren derzeit die Besorgnis der Anleger, dass die US-Notenbank Fed mit ihren Zinssenkungen zu lange gewartet hat und die Wirtschaft der USA auf eine Rezession zusteuern könnte. Zudem droht der Konflikt im Nahen Osten zu eskalieren. Die USA sichern Israel Beistand zu und erhöhen vor Ort aktuell ihre Militärpräsenz.
Der US-Beschäftigungsbericht für den Juli enthielt bedeutende negative Überraschungen: Die Zahl der Beschäftigten außerhalb des Agrarsektors stieg nur um 114.000 und die Arbeitslosenquote zog auf 4,3 % an. Damit lag sie über den 4,1 % des Vormonats und wieder deutlich über dem Tiefstwert von 3,4 %, auf dem sie sich noch im Mai 2023 bewegt hatte. Die durchschnittlichen Stundenlöhne stiegen im Vergleich zum Vormonat um 0,2 % und die Zahl der geleisteten Wochenarbeitsstunden ging zurück. Dies ist ein negatives Signal für die Einkommen der Privathaushalte.
Gemessen an den historischen Standards ist die US-Arbeitslosenquote zwar immer noch niedrig - doch in der Vergangenheit ging ein derart schneller Anstieg der Arbeitslosigkeit häufig mit einer abrupten Verlangsamung des Wirtschaftswachstums einher. Angesichts dieser schwachen Daten rechnen die Anleger mit einem schnelleren Tempo der geldpolitischen Lockerung: Die Märkte nehmen derzeit Zinssenkungen der Fed um knapp 1,25 % in diesem Jahr vorweg. Noch vor zwei Wochen wurden nur 0,75 % eingepreist und Anfang Juli waren es rund 0,5 %.
Zur gleichen Zeit sind die Märkte offenbar auch ungeduldig geworden und möchten Belege dafür sehen, dass sich die massiven Investitionen der großen Technologieunternehmen in die Künstliche Intelligenz (KI) langsam auszahlen. Die Verkaufswelle ist aktuell breit gestreut und erfasste mit Ausnahme der defensiveren Bereiche Basiskonsumgüter und Versorger alle anderen Sektoren. Die risikoreichsten Marktsegmente wie Small Caps (= Werte mit geringer Marktkapitalisierung) erleiden derzeit die größten Einbußen. Zwischen Wachstumsaktien und Substanzwerten sind keine wesentlichen Performanceunterschiede zu beobachten. Die Rendite zehnjähriger deutscher und US-Staatsanleihen gehen deutlich zurück und indizieren die Flucht in Sicherheit.
Was ist unsere Meinung hierzu?
Es kann ein Fehler sein, zu viel in eine einzige Datenmeldung hineinzulesen. So ist beispielsweise möglich, dass der Hurrikan Beryl die Schwäche des Arbeitsmarktberichts vom Juli noch verstärkte. Berichten zufolge konnten 436.000 Menschen aufgrund des Wetters nicht arbeiten. Im Vergleich dazu liegt der Durchschnitt für den Juli seit dem Jahr 2000 bei 33.000. Darüber hinaus schlug sich in dem Anstieg der Arbeitslosigkeit zum Teil auch die höhere Zahl der Amerikaner nieder, die eine Stelle suchen. Die Arbeitsmarktdaten des kommenden Monats dürften in dieser Hinsicht mehr Klarheit bieten.
Der Bericht war jedoch zweifellos enttäuschend und wird die Besorgnis schüren, dass die Fed ihre Leitzinsen zu lange zu hoch gehalten hat. Angesichts der jüngsten Belege, dass die Inflation nachhaltig zum Ziel der Fed zurückkehrt, hat die Zentralbank unseres Erachtens jetzt berechtigte Gründe, die Zinsen schneller als zuvor erwartet zu senken. Zu Beginn der letzten Woche signalisierte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell, die US-Notenbank werde „sehr sorgfältig beobachten“, ob Anzeichen eines deutlichen Abschwungs am Arbeitsmarkt zu erkennen sind.
Vor diesem Hintergrund erwarten wir jetzt, dass die Fed die Zinsen in diesem Jahr um einen ganzen Prozentpunkt senken wird, während wir in unserer vorhergehenden Prognose von 0,5 % ausgegangen waren. Sofern der Arbeitsmarktbericht im August nicht besser ausfällt, wird die Fed den Zinssenkungszyklus unseres Erachtens an ihrer Sitzung am 18.09.2024 mit einer Lockerung um 0,5 % einläuten. Ähnliches erwarten wir nun auch für die EZB, die bereits wieder am 12.09.2024 tagt. Die EZB hatte bereits einmal die Zinsen im Juni gesenkt.
In unserem Basisszenario gehen wir nach wie vor davon aus, dass die US-Wirtschaft nicht in eine Rezession fällt. Da der Leitzins auf dem höchsten Stand seit 23 Jahren liegt, hat die Fed reichlich Flexibilität, die Wirtschaft und die Märkte zu unterstützen. Vor allem aber ist die Finanzlage der Privathaushalte im Großen und Ganzen solide: Das Wachstum der realen Einkommen ist positiv, die durchschnittlichen Kosten für den Schuldendienst sind im Vergleich zu historischen Durchschnittswerten niedrig und das gesamte Nettovermögen ist seit dem Beginn der Pandemie um 37 % gestiegen (Quelle: UBS vom 05.08.2024). All dies dürfte eine fortgesetzte Zunahme des positiven Realkonsums untermauern, der den wichtigsten Treiber des Wirtschaftswachstums bildet. Darüber hinaus haben sich die Finanzierungsbedingungen bereits deutlich verbessert, da die Zinsen entlang der gesamten Zinskurve gesunken sind. Dies dürfte zu einer Belebung des Wohnimmobilienmarkts beitragen und wird voraussichtlich Anreize für Investitionen bieten.
Wir sind zudem der Ansicht, dass das Umfeld für den US-Aktienmarkt allgemein immer noch vorteilhaft ist. Trotz der Anzeichen, dass das Tempo der Gewinnkorrekturen nachlässt, steuern die Gewinne je Aktie im S&P 500 immer noch auf ein Wachstum von 11 % im Jahr 2024 zu. Der schnelle Umschwung der Marktstimmung in Bezug auf die Künstliche Intelligenz (KI) erscheint uns ebenfalls verfrüht. Es wird wahrscheinlich einige Zeit dauern, bis die Unternehmen belegen können, dass ihre KI-Investitionen Renditen erwirtschaften. Doch es gibt keine Anhaltspunkte, dass die Unternehmen von ihren Investitionsplänen abrücken, da die Technologie vielversprechend ist. Überhaupt ist festzustellen, dass der S&P 500 in der Vergangenheit außerhalb von Rezessionen in den zwölf Monaten nach der ersten Zinssenkung der Fed im Durchschnitt gestiegen ist.
Was raten wir?
Wir raten, nicht in Panik zu verfallen, insbesondere nicht bei langfristig ausgerichteten Fondsstrategien. Aufgrund der oben getroffenen Aussagen zur US-Konjunktur haben wir Grund zur Annahme, dass die langfristigen Aufwärtstrends weiter halten werden. Es gibt aber auch nichts zu beschönigen, denn mit den Konflikten im Nahen Osten und der Ukraine sowie der anstehenden Wahl in den USA am 05.11.2024 sind auch geopolitisch noch dicke Bretter zu bohren.
Aktien dürften in der nächsten Zeit somit volatil bleiben. Doch durch den Rückgang der letzten Wochen hat sich ihr Risiko-Rendite-Verhältnis verbessert. Wenn die Besorgnis der Anleger über die Verlangsamung des Wachstums und eine zu späte Reaktion der Notenbanken weiter zunimmt und die Entwicklungen im Zusammenhang mit der KI die Erwartungen enttäuschen, könnte sich der Kursrückgang noch fortsetzen. Aber ähnlich wie im letzten Herbst, als der S&P 500 aufgrund der Besorgnis über eine Überhitzung und der Gefahr einer restriktiveren Geldpolitik der Fed um 10 % fiel, nehmen wir an, dass sich die Wachstumsängste, die den aktuellen Abverkauf antreiben, am Ende als unbegründet erweisen werden.
Die Künstliche Intelligenz war ein wichtiger Treiber für die Aktienrenditen und sollte es unserer Einschätzung nach auch bleiben. Dieser Trend steht unabhängig von der aktuellen Marktphase noch immer am Anfang und ermöglicht es den Unternehmen das Wachstum zu beschleunigen („Game-Changer“). Es werden immer noch laufend neue Entwicklungsstufen mit immer neuen Produkten eingeführt, immer leistungsfähigere Hardwarekomponenten entwickelt, messbare Effizienzgewinne erzielt und insgesamt die Investitionsausgaben erhöht. Damit dürfte mittelfristig ein erhebliches Gewinnwachstum bei Unternehmen angestoßen werden (insbesondere bei KI-Infrastruktur) und voraussichtlich die Nachfrage das Angebot übersteigen.
In jeder Markphase gilt es nicht sorglos oder panisch zu agieren, sondern immer sachlich die Chancen des Marktes zu finden, zu bewerten und für sich zu nutzen.
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